Das Jahr der Schlange – Erträge an den Anleihenmärkten im Jahr 2013
Neben erfreulichen Wertentwicklungen hat das Jahr 2013 den Anleiheninvestoren auch eine ordentliche Portion Adrenalin beschert. So wurden die Schwellenländermärkte im Frühsommer von einer heftigen Verkaufswelle erschüttert, während die US-Notenbank im Hinblick auf ein Auslaufen der quantitativen Lockerungspolitik einen Drahtseilakt à la „soll ich oder soll ich nicht“ vollführte, der mehr als sechs Monate andauerte. Derweil konnten sich die europäischen Peripheriestaaten zwar endlich aus der Rezession befreien, haben aber immer noch mit einer alarmierend hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Parallel dazu haben die globalen Märkte für Hochzinsanleihen erneut hervorragende Erträge generiert, während die monetäre und fiskalpolitische Revolution beispiellosen Ausmaßes, die Shinzō Abe in Japan auf den Weg gebracht hat, allmählich Wirkung zeigte.
Allerdings zieht sich ein Aspekt wie ein roter Faden durch das gesamte Jahr: Die etablierten Volkswirtschaften scheinen letztlich doch noch zu einem vernünftigen Wachstumstrend zurückgefunden zu haben. Gleichzeitig hat sich die Lage an den Märkten größtenteils wieder normalisiert, weil sowohl die Volatilität als auch die Korrelationen inzwischen wieder auf Vorkrisenniveau liegen. Obwohl das durch eine hohe Liquidität bestimmte Umfeld zuletzt vor allem durch die Interventionen der Notenbanken bestimmt wurde (die aber wohl noch eine Weile anhalten werden), vollzieht die Welt mittlerweile wieder einen Wandel hin zu einem durch Wachstum dominierten Wirtschaftsmodell. Dabei sind die USA günstig positioniert, um diesen Trend anzuführen. DSpielraum der europäischen Staaten, die Erholung durch fiskalische Ankurbelungsmaßnahmen zu fördern, ist dagegen wegen der hohen Verschuldung dieser Staaten lediglich begrenzt. Gute Nachrichten gibt es allerdings vom europäischen Bankensystem zu vermelden, in dem neben einem Sanierungsprozess auch ein Schuldenabbau stattfindet. Darüber hinaus haben sich die EZB sowie deren Chef, „Super Mario“ Draghi, mit ihrer lockeren Geldpolitik als sprichwörtlicher Fels in der Brandung erwiesen.
Unter diesen Bedingungen haben viele festverzinsliche Anlageklassen zufriedenstellende Renditen erzielt. Doch welche Vermögenswerte haben sich in diesem Jahr am besten entwickelt? Das Ergebnis ist eine Überraschung. Denn wer hätte im Januar 2013 – abgesehen von einem neuen Papst aus Argentinien, einer Mondlandung der Chinesen sowie einer wirtschaftlichen Rettung Zyperns – damit gerechnet, dass spanische Staatsanleihen seit Jahresbeginn einen Gesamtertrag von über 11 Prozent vorlegen würden? Werfen wir deshalb einmal einen genaueren Blick auf die Tendenz der Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen sowie der wichtigsten Währungen im Vergleich zum US-Dollar. (Alle Gesamterträge gerechnet seit Jahresbeginn beziehen sich auf den Zeitraum vom 31. Dezember 2012 bis zum 17. Dezember 2013 in lokaler Währung.)
Staatsanleihen
Risikofreie Staatsanleihen sind durch die Erwartungen auf steigende Zinsen sowie durch die Unsicherheit um ein mögliches Auslaufen der quantitativen Lockerungsmaßnahmen unter Druck geraten. Am stärksten beeinträchtigt wurde der Index für britische Staatsanleihen (Gilts) mit einer durchschnittlichen Duration von über neun Jahren, gefolgt von US-Staatsanleihen (mit mehr als 5-jähriger Duration) sowie den nicht so volatilen deutschen Bundesanleihen (mit einer Duration von über sechs Jahren). Anders stellte sich die Lage in den europäischen Peripheriestaaten dar, denn dort boten griechische Staatsanleihen beträchtliche Gesamterträge von mehr als 50 Prozent, gefolgt von spanischen und italienischen Staatspapieren. Nach dem Debakel aus dem Mai wurden in Hartwährungen denominierte Schwellenländer-Staatsanleihen (auf Basis des üblicherweise zugrunde gelegten JPM EMBI-Index) hingegen stark in Mitleidenschaft gezogen und legten eine negative Rendite von unter 6 Prozent vor, obwohl sich diese Papiere nach den Sommermonaten wieder ordentlich erholt haben. Derweil wird der Index für in lokalen Währungen notierende Schwellenländeranleihen (der JPM GBI-EM) das Jahr wohl im Wesentlichen unverändert abschließen (was umgerechnet in US-Dollar einem Minus von etwa 8 Prozent entspricht).
Nachdem inflationsgebundene Anleihen wegen der rückläufigen Inflationserwartungen sowie aufgrund der sehr niedrigen Inflation in Europa und den USA bereits 2012 in Ungnade gefallen waren, wurden die entsprechenden Märkte in den USA, Europa und den Schwellenländern auch 2013 belastet. Im Gegensatz dazu dürften inflationsgebundene Papiere aus Großbritannien das Jahr mit einem leichten Plus abschließen. Dies wäre dann auch auf die Entscheidung vom Beginn dieses Jahres zurückzuführen, die Kopplung an den Einzelhandelspreisindex (RPI) beizubehalten (hier geht es zu einem Blog-Beitrag von Ben Lord zu diesem Thema).
Unternehmensanleihen
Im vergangenen Jahr waren Unternehmensanleihen sehr gut bewertet. Die Firmen profitieren derzeit von der allgemeinen Konjunkturerholung in den Industriestaaten, die eine wieder anziehende Konsumnachfrage (höherer Konsum = höhere Einnahmen für die Unternehmen) sowie steigende Staatsausgaben zur Folge hat. Der konservative Umgang mit ihren finanziellen Ressourcen und Bilanzen, den Anleiheemittenten insgesamt (und insbesondere in Europa) zuletzt an den Tag gelegt haben, hat den Aufwärtstrend von Unternehmensanleihen ebenso gestützt wie die sich verbessernden Wirtschaftsaussichten, die konkreten Prognosen („Forward Guidance“) hinsichtlich der zukünftigen Zinsentwicklung sowie die niedrige Inflation. Besonders gute Ergebnisse haben Unternehmen aus dem Hochzinssegment – allen voran aus den USA und Europa – vorgelegt. Auch Finanztitel tendierten zuletzt sehr fest. Dies galt hauptsächlich für nachrangige Papiere, denen eine robuste Nachfrage nach höher rentierlichen und vergleichsweise zyklischen Anleihen seitens der Investoren zugute kam. Außerdem profitierten diese Papiere von einem allgemeinen Schuldenabbau, der Finanzunternehmen ihrem Ziel, ihre Bilanzen zu sanieren, einen großen Schritt näherbringen wird.
Besonders erfreuliche Wertentwicklungen legten europäische Hochzinsanleihen (+9,9 Prozent), nachrangige Finanzpapiere aus Europa (+7,1 Prozent) sowie US-Hochzins-Bankenanleihen (+8,9 Prozent) vor. Auch mit BBB eingestufte Papiere von europäischen Nicht-Finanzunternehmen tendierten im Allgemeinen fest (+4,4 Prozent im Vergleich zu -0,8 Prozent bei ihren US-Pendants). Derweil notierten Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern unter dem Strich im Minus (-1,0 Prozent), während die entsprechenden Hochzinspapiere leicht positive Erträge vorlegten (+1,1 Prozent).
Währungen
Die bemerkenswerteste Entwicklung an den bedeutenden Devisenmärkten war wohl das weltweit allgemein fehlende Interesse von Anlegern am US-Dollar. Dies war vermutlich dem anhaltenden Unmut hinsichtlich des möglichen „Tapering“ sowie den Ängsten vor der „fiskalischen Klippe“ und dem jüngsten „Shutdown“ des Verwaltungsapparats in den USA geschuldet. Aus diesem Grund hat der US-Dollar-Index (DXY bei Bloomberg) gerechnet seit Jahresbeginn eine lediglich mäßige Performance von +0,4 Prozent vorgelegt. An dieser Stelle muss zwischen den beiden unterschiedlichen Trends, die in diesem Jahr zu beobachten waren, aber klar differenziert werden: So erzielte der Index zwischen Januar und Anfang Juli zunächst einen positiven Ertrag von etwa 6 Prozent, während er in der zweiten Jahreshälfte Einbußen von rund 5,6 Prozent erlitt. Diese waren auf die Unsicherheit um den „Shutdown“ des US-Verwaltungsapparats sowie die Entscheidung der US-Notenbank, ihre lockere Geldpolitik beizubehalten, zurückzuführen. Inzwischen ist die US-Wirtschaft aber wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt, das Leistungsbilanzdefizit des Landes schrumpft zusehends, und allmählich nähern sich die Amerikaner einer Energieautarkie. Darüber hinaus herrscht nach dem am 18. Dezember angekündigten „Tapering“ inzwischen auch mehr Klarheit hinsichtlich der zukünftigen Strategie der Fed. Deshalb sind wir fest davon überzeugt, dass der US-Dollar momentan günstig bewertet ist und demnächst auch wieder kräftig zulegen wird.
Von den Währungen der G10-Staaten haben der Euro und das britische Pfund gegenüber dem US-Dollar in den letzten Monaten deutlich aufgewertet. Dank einer überraschend positiven konjunkturellen Entwicklung sowohl in Großbritannien als auch in der Eurozone zählen das Pfund sowie der Euro zu jenen Währungen weltweit, die sich zwischen März und Dezember am besten entwickelt haben. Allerdings sollte man das britische Pfund auch weiterhin aufmerksam im Auge behalten, weil das Leistungsbilanzdefizit Großbritanniens von 5,1 Prozent aus dem III. Quartal das dritthöchste in der Geschichte des Vereinigten Königreichs ist (und damit höher als etwa in Indonesien, Indien und Brasilien). Dies deutet darauf hin, dass es momentan keine Anzeichen für eine Stabilisierung der britischen Wirtschaft gibt. Gleichzeitig ist die Konjunkturerholung in Großbritannien derzeit bei weitem nicht so nachhaltig wie die in den USA.
Der japanische Yen hat gegenüber dem US-Dollar zuletzt kräftig an Wert verloren (-15,4 Prozent), weil die Bank of Japan zusätzliche Maßnahmen ergriffen hat, um im „Land der aufgehenden Sonne“ eine Inflation (sowie ein nominales Wachstum) herbeizuführen. Gleichzeitig tendierten einige Schwellenländerwährungen wie der argentinische Peso, der chinesische Renminbi, der ungarische Forint, der polnische Zloty und der mexikanische Peso zwar sehr fest, aber die meisten Schwellenländerwährungen konnten mit dem US-Dollar nicht mithalten. Dies galt insbesondere für den brasilianischen Real, die indonesische Rupie und den südafrikanischen Rand. Die letzt genannte Währung ist auch die einzige, die bis zum jetzigen Zeitpunkt sogar noch hinter dem Yen zurückgeblieben ist.
Wer hätte gedacht, dass 2013 für festverzinsliche Anlageklassen letztlich ein derart interessantes Jahr werden würde? Und was wird 2014 mit sich bringen? Wird das kommende Jahr für die Finanzmärkte – und insbesondere für Anleihen – ein schlechtes oder ein gutes Jahr werden? Lesen Sie hierzu unseren aktuellen „Ausblick“. Außerdem würden wir uns freuen, wenn Sie diesem Blog die Treue halten würden. Lesen Sie beispielsweise unsere aktuellen Beiträge (hier von Ben Lord, hier von Mike Riddell und hier von mir selbst). Mehr von uns gibt es in den nächsten Wochen.
Bevor ich mich nun von Ihnen verabschiede, gestatten Sie mir noch eine Frage im Zusammenhang mit dem chinesischen Kalender: Das Jahr der Schlange, das am 10. Februar 2013 begonnen hat, wird im Januar 2014 zu Ende gehen. Innerhalb des chinesischen Tierkreises steht die Schlange stellvertretend für Bosheit und Geheimnisse, aber auch für Klugheit, Prophezeiung und Neuanfang. Passt das Ihrer Meinung nach zum Jahr 2013? Das neue Jahr des Pferdes beginnt am 31. Januar 2014. Dem Pferd schreiben die Chinesen die Attribute dynamisch, strahlend, warmherzig, intelligent und klug zu. Ob das wohl ein Hinweis sein soll? In diesen Sinne alles Gute und viel Glück für 2014!
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