Fallende Verbraucher- und Ölpreise geben Wirtschaftswachstum vielleicht doch nicht den von vielen erwarteten Schub
Momentan werden die Notenbanker weltweit vom Schreckgespenst der Deflation heimgesucht, obwohl sich viele von uns wahrscheinlich die Frage stellen, ob die Auswirkungen sinkender Preise tatsächlich in der Realwirtschaft – und insbesondere in den Brieftaschen der Verbraucher – spürbar sind.
Den Ergebnissen der Umfrage zu den Inflationserwartungen zufolge, die M&G gemeinsam mit YouGov in den letzten zwei Jahren durchgeführt hat, gehen viele europäische Konsumenten davon aus, dass die Inflation auf 1- und 5-Jahressicht deutlich über der offiziellen Zielvorgabe liegen wird. Und es gibt auch einen Grund, weshalb die „gefühlte“ Teuerungsrate für die Verbraucher oftmals höher ist als die „tatsächliche“.
Die nachfolgende Grafik zeigt, wie unterschiedlich sich die Preise für Bedarfsgüter einerseits und für Luxusgüter andererseits im Euroraum im letzten Jahrzehnt entwickelt haben. So sind die Preise für Dinge des täglichen Bedarfs (wie Strom, Wasser und Lebensmittel) um 20 bis 50 Prozent angestiegen. Im Gegensatz dazu sind die Preise für Luxusgüter wie Telefone, Fernseher und Spielkonsolen gesunken und damit sogar preiswerter geworden.
Unter Berücksichtigung dieser Analyse erscheint die Einschätzung der Verbraucher, dass die Inflation wirklich höher ist als die offizielle Teuerungsrate, durchaus vernünftig. Die Ursache dafür ist der Umstand, dass Privatpersonen und Familien eben keinen Korb von Waren und Dienstleistungen, sondern ihre tatsächlichen Lebenshaltungskosten zugrunde legen. Ein Großteil ihrer Einkommen (die in den letzten fünf Jahren übrigens um lediglich 8,5 Prozent angestiegen sind) wird nämlich für Güter des täglichen Bedarfs ausgegeben, und da diese Güter zuletzt immer teurer geworden sind, ist die Finanzlage vieler Haushalte immer stärker unter Druck geraten.
Dies könnte letztlich jedoch auch Auswirkungen auf jene haben, deren Erwartungen zufolge die sinkenden Preise bei den europäischen Konsumenten zu einem Anstieg der realen Kaufkraft führen werden. Falls die Preise für Bedarfsgüter auf ihrem aktuellen Niveau verharren oder sogar noch weiter ansteigen sollten, wird die EZB wohl keine vom Konsum angetriebene Konjunkturerholung initiieren können. Obwohl ein Einbruch des Ölpreises einen Rückgang der Strom- und Gaspreise nach sich ziehen sollte, kaufen Energiekonzerne ihre Reserven oftmals aber bereits bis zu drei Jahre im Voraus, um so eine zuverlässige Versorgung zu gewährleisten. Aus diesem Grund haben Veränderungen der Großhandelspreise zunächst einmal auch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Einzelhandelspreise. Und im Falle der Energiepreise muss auf einen Anstieg auch nicht zwangsläufig ein Rückgang folgen. Außerdem repräsentieren die Benzinpreise lediglich 4,5 Prozent des harmonisierten Verbraucherpreis-Index (HVPI) für den Euroraum. So wird sich ein möglicher Rückgang der Sprit- und Energiepreise in Form höherer verfügbarer Einkommen seitens der Verbraucher zwar sicherlich bemerkbar machen, aber wird dieser Effekt auch ausreichen, um die Haushaltsbilanzen zu sanieren, die durch das seit der Finanz- und Schuldenkrise in Europa lediglich begrenzte Wachstum der Reallöhne unter Druck geraten sind?
Nächste Woche werden die Ergebnisse der M&G/YouGov-Umfrage zu den Inflationserwartungen im I. Quartal 2015 veröffentlicht. Dann werden wir sehen, ob die Verbraucher immer noch eine höhere Inflation „spüren“. Zum Leidwesen der politischen Entscheidungsträger könnte es aber sein, dass der jüngste Einbruch der Inflation sowie der Ölpreise dem Wachstum doch nicht jenen kräftigen Schub verleiht, auf den viele derzeit hoffen.
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