Schwellenmarktanleihen: Rückblick auf die Renditen 2015 und Aussichten für 2016
Im Nachgang zu Gordon Hardings Bericht über die sich am besten bzw am schlechtesten entwickelnden festverzinslichen Anlageklassen des letzten Jahres möchte ich genauer darauf eingehen, wie die Schwellenmärkte 2015 abgeschnitten haben und was man im Hinblick auf 2016 erwarten kann.
Einige der Themen, die die Marktentwicklung 2015 bestimmten, waren dieselben, die sie auch 2014 vorangetrieben haben. Entscheidend war erneut die Vermögensallokation. Auf Lokalwährung lautende Anleihen schnitten im dritten Jahr in Folge schlechter ab als auf harte Währung lautende Anleihen. Bei den auf Hartwährung lautenden Anleihen entwickelten sich Staats- und Unternehmensanleihen in etwa wie der allgemeine Index.
Wie ich jedoch bereits vor einem Jahr prognostiziert hatte, stieg die Renditeverteilung 2015, und es kam vor allem darauf an, die aufgrund von Extremereignissen („Tail-Risiken“) schlechter abschneidenden Titel zu vermeiden. 2015 standen folgende Themen im Mittelpunkt:
- Duration spielte für die Performance keine große Rolle
Zwar hat die Fed endlich damit begonnen, die geldpolitischen Zügel in den USA anzuziehen, die Renditen für Schatzanleihen mit einer 10-jährigen Laufzeit waren aber Ende 2015 kaum höher, da der Markt einen solchen Schritt schon seit langem erwartet und entsprechend eingepreist hatte. So lange die US-Notenbank 2016 die derzeit von den Märkten eingepreisten Zinserhöhungen vornimmt (d. h. eine Anhebung um insgesamt 50-75 BP), gehe ich davon aus, dass die Schwellenmärkte dies verkraften werden. Und zwar deshalb, weil sie sich bereits seit einigen Jahren durch schwächere Währungen, geringere Kapitalzuflüsse und höhere Finanzierungskosten haben darauf einstellen können.
- Die Währungsabwertung hielt an, die gute Nachricht lautet jedoch, dass sie im Jahr 2016 weniger stark ausgeprägt sein dürfte
Wie die obige Tabelle verdeutlicht, war die Underperformance der auf Lokalwährung lautenden Anleihen größtenteils auf Währungsschwankungen zurückzuführen, wobei dies immer noch teilweise auf das Konto des starken US-Dollar und nicht unbedingt auf Entwicklungen in den Schwellenmärkten zurückzuführen ist. Viele Schwellenmarktwährungen entwickelten sich in etwa wie bzw. besser als Kernwährungen wie der Euro oder Rohstoffwährungen wie z. B. der australische (AUD) und kanadische Dollar (CAD). Ausgehend von früheren Straffungszyklen der Fed, bei denen die Aufwertung des US-Dollar überwiegend bereits vor dem ersten Anstieg erfolgt ist, rechne ich damit, dass sich der US-Dollar 2016 allmählich stabilisieren wird. Die Underperformance der auf Lokalwährung lautenden Anleihen im aktuellen Jahr ist vermutlich ein Indiz dafür, dass viele Schwellenmarktwährungen nicht mehr überbewertet sind. In Fällen wie dem polnischen Zloty, dem ungarischen Forint oder dem chilenischen Peso hat sie außerdem zu einer Verbesserung der Leistungsbilanz geführt oder wird wie im Falle Brasiliens eine laufende Anpassung ermöglichen. Währungen mit festem Wechselkurs sowie stark gesteuerte Währungen laufen jedoch weiterhin Gefahr, durch niedrige Ölpreise beeinträchtigt zu werden (Stichwort: GCC-Länder, nigerianischer Naira). Die wohl kritischste Währung ist der Renminbi, da sich die chinesischen Behörden zwischen dem Aufrechterhalten der derzeit geringen Volatilität und einer gewissen Überbewertung einerseits und einer schnelleren Abwertung andererseits, bei der es zu einem ungeordneten Übergreifen auf asiatische und Rohstoffwährungen kommen könnte, entscheiden müssen.
- Die Spreads wurden größer, insbesondere bei Anleihen im Rohstoffsektor
Wie 2014 war die Entwicklung der Spreads erneut zweigeteilt. Aus der unten stehenden Grafik geht hervor, dass die Spreads insgesamt in diesem Jahr eine relativ hohe Korrelation zu Rohstoff- und Ölpreisen aufgewiesen haben, obwohl viele Schwellenländer tatsächlich Nettorohstoffimporteure sind (Charles de Quinsonas wird in einem demnächst veröffentlichten Blogbeitrag noch näher darauf eingehen). Insgesamt bin ich der Meinung, dass die Spreads bereits die Verschlechterung der Anleihenqualität der letzten Jahre weitgehend widerspiegeln. Ich gehe aber nicht davon aus, dass sie sich verringern werden, da es in absehbarer Zeit kaum zu wesentlichen Verbesserungen im Segment Unternehmensanleihen kommen dürfte. Das kann sich jedoch ändern, wenn wir eine Erholung der Rohstoffpreise erleben oder die Fed signalisieren sollte, dass der Straffungszyklus sehr schwach ausgeprägt sein wird.
- Idiosynkratische Risiken sind weiterhin erhöht und werden es auch im Jahr 2016 bleiben
Mehrere der 2015 am besten abschneidenden Länder waren ausfallgefährdete Kreditnehmer, die einen Totalausfall vermeiden konnten (z. B. Venezuela, Weißrussland). Die Renditen der Ukraine profitierten von einer sanften Umstrukturierung. Russland wiederum erholte sich von den Ausverkäufen des Jahres 2014, da der Konflikt mit der Ukraine nicht eskalierte. Argentinien erholte sich aufgrund der Aussicht auf eine marktfreundlichere Regierung unter Mauricio Macri. Die meisten dieser Länder werden 2016 jedoch wahrscheinlich nicht zu den wichtigsten Outperformern zählen, da es wohl kaum Auslöser für weitere gute Nachrichten geben wird und die Bewertungen nach der Erholung von 2015 ohnehin höher sind. Venezuela ist nach wie vor ein Wackelkandidat: Das Land wird in diesem Jahr entweder zu den besten Performern zählen, wenn es einen Zahlungsausfall vermeidet, oder aber zu den schlechtesten, wenn es doch dazu kommt. Der Sieg der Opposition bei den jüngsten Parlamentswahlen ist eine positive Entwicklung, reicht aber nicht aus, um die großen Ungewissheiten bezüglich der Richtung, den die Wirtschaftspolitik des Landes angesichts niedriger Ölpreise einschlagen wird, zu beseitigen.
In Bezug auf die schlechtesten Performer wird Brasilien 2016 zu den Ländern zählen, deren Entwicklung man genau verfolgen muss. Wie bereits in einem vorherigen Blogbeitrag diskutiert, bleibe ich angesichts des starken politischen Gegenwinds vorsichtig, da dieser eine wirtschaftliche und fiskalische Erholung erschwert. Die Entwicklung bei Kreditwerten ist entsprechend ungewiss. Subsahara-Afrika bleibt aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise und der Schuldenlast, die in den meisten Ländern wegen ihrer hohen Haushaltsdefizite und teilweise erheblichen Währungsabwertungen immer stärker wächst, weiterhin unter Druck. Zwar gibt es im Jahr 2016 nur ein geringes Umschuldungsrisiko, dieses wird aber in den nächsten Jahren zunehmen. Ich rechne dann mit einigen Kreditereignissen. Die Bereitschaft zur Anpassung und Zahlung wird auf den Prüfstand gestellt. Dabei gibt es keine längere Erfolgsbilanz bezüglich verbriefter Schuldenrückzahlungen und der erzielbaren Recovery Values, da die meisten Bonds erst in den letzten Jahren emittiert wurden.
Insgesamt gehe ich davon aus, dass die Vermögensallokation zwischen Hartwährung und Lokalwährung auch 2016 eine geringere Rolle spielen wird, da sich die Währungsabwertungen endlich stabilisieren. Die Auswahl von Staats- und Unternehmensanleihen im Hartwährungsbereich wird weiterhin entscheidend sein, da ich von großen Renditeunterschieden ausgehe. Last not least kommt es 2016 für Anleger an den Schwellenmärkten darauf an, „Tail-Risiken“ der Underperformer und Zahlungsausfälle bei Unternehmen zu vermeiden.
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