Könnten „Grüne Bundesanleihen“ ein Mittel gegen die wirtschaftliche Unruhe in Europa sein?
Im Vergleich zu vor anderthalb Jahren, als sich die vorherrschende Thematik noch um das global synchronisierte Wachstum drehte, haben sich die wirtschaftlichen Aussichten für Europa deutlich eingetrübt. Von den Höhepunkten des Optimismus Ende 2017 hat sich das reale BIP-Wachstum im Euroraum auf 1,2% verlangsamt, während der EMI des verarbeitenden Gewerbes im Euroraum um mehr als zehn Punkte gesunken ist. Selbst die bekanntermaßen optimistische EZB musste sich schließlich mit der Realität abfinden und senkte ihre BIP-Wachstumsprognose für 2019 von 1,7% auf bedrückende 1,1%.
Eine mögliche Vorgehensweise der schwächelnden europäischen Volkswirtschaften, sich gegen diese negativen Trends zu wappnen und vielleicht eine umfassende „Japanisierung“ zu verhindern, wäre die Aussetzung der Sparmaßnahmen und die Einleitung fiskalischer Impulse zur Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit. Als Europas größte Volkswirtschaft und langjähriger Wachstumsmotor liegt die Verantwortung in erster Linie bei Deutschland, argumentieren einige. Und natürlich wären die Finanzierungskosten außergewöhnlich günstig. Bei den derzeitigen Renditen müsste Deutschland nur rund 0,7 % Zinsen zahlen, wenn es 30 Jahre lang Geld aufnehmen würde. Wenn man die heutigen niedrigen Inflationserwartungen mit der 30-jährigen Breakeven-Rate des Euroraums von ca. 1,4% zum Nominalwert betrachtet, wären die Finanzierungskosten real sogar negativ. Bei kürzerer Laufzeit wären die Zinssätze selbst bei nominaler Betrachtung negativ, da die Bund-Renditen bis zu neun Jahren bis zur Fälligkeit unter Null liegen. Tatsächlich bezahlen die Investoren Deutschland für das Privileg, die Staatsschulden des Landes zu kaufen!
Deutschland sollte den Zeitpunkt nutzen und Unmengen von Bundesanleihen begeben, richtig? Ein großer Teil meiner deutschen Landsleute würde dem vehement widersprechen. Sie würden argumentieren, dass ein ausgeglichener Bundeshaushalt – die sprichwörtliche „schwarze Null“ – und eine Schuldenquote nach den Maastricht-Kriterien von 60% Vorrang vor einer Ankurbelung der Wirtschaft durch fiskalische Expansion haben sollten. Es gibt triftige Gründe für diese Haltung, natürlich vor allem die Finanzstabilität im Euroraum: Wenn Deutschland die strenge Sparpolitik aufgeben und auf eine von Schulden getriebene Ausgabentour gehen würde, wäre es politisch schwierig, wenn nicht gar unmöglich, von anderen Ländern des Euroraums Haushaltsdisziplin zu verlangen. Dies würde das Risiko einer erneuten Schuldenkrise im Euroraum erhöhen, gefolgt von teuren Rettungsaktionen und letztlich einer gemeinschaftlichen Haftung oder Monetarisierung.
Ich glaube jedoch, dass mehr hinter der inständigen Abneigung Deutschlands gegen Schulden steckt. Ohne mich zu sehr der Laienpsychologie zuwenden zu wollen, scheint die Frage der Staatsverschuldung für viele Deutsche tiefe ethische Bedenken aufkommen zu lassen, vielleicht verstärkt durch die Nähe der deutschen Wörter „Schulden“ und „Schuld“. Es ist eine weit verbreitete Überzeugung, dass eine verantwortungsbewusste Regierung innerhalb ihrer Mittel auskommen sollte. Die Aufnahme von Fremdkapital wird oft als skrupellose Kreditaufnahme zu Lasten zukünftiger Generationen angesehen, unabhängig von attraktiven Finanzierungskosten oder der Verwendung von Erträgen.
Aber wenn die deutsche Geringschätzung einer Schuldenfinanzierung zumindest teilweise von ethischen Bedenken und der Sorge um langfristige Nachhaltigkeit herrührt, dann könnten grüne Anleihen – oder besser gesagt „Grüne Bundesanleihen“ – die Antwort sein. Grüne Anleihen sind Schuldverschreibungen, die ausgegeben werden, um Mittel für bestimmte umweltfreundliche Zwecke bereitzustellen. So hat der spanische Telekommunikationsanbieter Telefónica Ende Januar eine grüne Anleihe begeben, mit der Absicht, den Erlös von 1 Milliarde Euro für die Verbesserung der Energieeffizienz des Unternehmens durch den Wechsel von Kupfer- zu Glasfasernetzwerken in Spanien einzusetzen.
Grüne Anleihen sind natürlich nicht auf den Unternehmenssektor beschränkt. So haben mehrere europäische Länder in den letzten Jahren ein beachtliches Volumen an grünen Anleihen emittiert. Belgien zum Beispiel hat erst kürzlich 4,5 Mrd. Euro über eine grüne Anleihe aufgenommen, während Frankreich ein ausstehendes Volumen von rund 16,5 Mrd. Euro an grünen Anleihen hat. Polen emittierte im Februar zwei weitere grüne Anleihen, wodurch sich die gesamte grüne Verschuldung des Landes auf 3,75 Mrd. Euro erhöhte.
Demzufolge scheint die Nachfrage der Anleger nach grünen Staatsanleihen groß zu sein. Der Markt wäre tief genug, um Milliarden an Neuemissionen zu absorbieren. Und da grüne Anleihen sich speziell mit den Themen ethische Finanzierung und langfristige Nachhaltigkeit befassen, könnten sie ein geeignetes Instrument sein, um die Bereitschaft Deutschlands, die Verschuldung zu erhöhen und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren, zu erhöhen, indem sie die Erlöse in umweltfreundliche Projekte investieren. Und verschiedene deutsche Unternehmen, wie die staatliche Förderbank KfW, haben bereits grüne Anleihen eingesetzt. Der nächste logische Schritt wäre die Emission von grünen deutschen Staatsanleihen: Grüne Bundesanleihen.
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