Fünf Gründe, weshalb der europäische High Yield-Markt momentan günstiger bewertet ist als sein US-Pendant

Seit Anfang 2011 wurden wir Zeugen des Ausbruchs der Krise in der Eurozone, einer rasant um sich greifenden politischen Verunsicherung, einer erneuten Rezession sowie eines De facto-Zahlungsausfalls Griechenlands. Im Gegensatz dazu waren in den USA eine aggressive Lockerung der Geldmarktpolitik, ein positives Wachstum sowie eine Erholungstendenz am Immobilienmarkt zu verzeichnen. Unter diesen Umständen überrascht es vermutlich etwas, dass sich der europäische Markt für Hochzinsanleihen mit einem Plus von 29,0 Prozent zuletzt besser entwickelt hat als sein US-Pendant, das 24,8 Prozent hinzugewonnen hat*.

Zwar bezweifelt kaum jemand, dass das fundamentale und volkswirtschaftliche Umfeld für verschuldete Unternehmen in den USA derzeit günstiger ist. Nichtsdestotrotz gibt es aber nach wie vor einige überzeugende Gründe dafür, weshalb der europäische Markt aktuell die besseren Anlagechancen bietet. Fünf davon nennen wir Ihnen nachfolgend:

  1. Geringere Sensitivität im Hinblick auf Veränderungen des Zinsumfelds: Nachdem unter dem Schlagwort „allmähliche Reduktion der Anleihenkäufe“ in diesem Sommer die sprichwörtliche Katze aus dem Sack gelassen wurde, sind sich die Anleger der Zinsrisiken ihrer Engagements inzwischen zunehmend bewusst geworden. Während die effektive Zinsduration am europäischen High Yield-Markt derzeit bei 3,2 Jahren liegt, beträgt sie in den USA 4,4 Jahre. Deshalb würde der europäische Markt unter ansonsten identischen Bedingungen auf eine weitere Verkaufswelle bei Staatsanleihen weniger sensitiv reagieren.
  2. Im Durchschnitt niedrigere Kassakurse: Europäische Hochzinsanleihen werden momentan zu einem durchschnittlichen Kassakurs von 101,98 gehandelt, US-Hochzinspapiere hingegen zu einem Barpreis von durchschnittlich 102,92. Auf den ersten Blick scheint diese Differenz zwar lediglich gering zu sein, doch angesichts der Call-Optionen, die es auf viele Hochzinsanleihen gibt, deutet ein Kassakurs von über 100 auf einen lediglich begrenzten Spielraum für einen weiteren Kapitalzuwachs hin. Zwar hat auch der europäische Markt mit diesem Problem zu kämpfen, verfügt aber immerhin noch über ein zusätzliches Polster von 1 Prozent.
  3. Höhere Qualität des Marktes: Unter Berücksichtigung der Bonitätsratings weist der europäische Markt ein niedrigeres Risiko auf. So repräsentieren mit BB eingestufte Papiere zurzeit 67 Prozent des dortigen Marktes, während ihr Anteil am US-Markt bei lediglich 42 Prozent liegt. Risikoreichere B-Anleihen stellen in Europa 23 Prozent des High Yield-Marktes, während es in den USA ganze 41 Prozent sind. Bei den übrigen Papieren handelt es sich um mit CCC geratete Anleihen. Somit werden also zwei Drittel des europäischen Marktes nur knapp unterhalb Investment Grade-Status eingestuft, wohingegen in den USA mehr als die Hälfte aller Anleihen in das Segment „Schrottpapiere“ fallen, die mit B oder CCC geratet sind.
  4. Höhere Zinsdifferenzen: Im Allgemeinen wird der europäische High Yield-Markt gegenüber Staatsanleihen zu einer Zinsdifferenz von 508 Basispunkten gehandelt, während das Spread-Niveau in den USA bei 471 Basispunkten liegt. Unter Berücksichtigung der Bonitätsratings fällt diese Differenz sogar noch beträchtlicher aus. So weisen mit BB eingestufte europäische Hochzinsanleihen gegenüber den entsprechenden Staatspapieren eine Zinsdifferenz von 410 Basispunkten auf, während BB-Anleihen in den USA gegenüber Staatsanleihen zu einem Spread von nur 342 Basispunkten gehandelt werden. Bei mit B gerateten Papieren liegen die Zinsdifferenzen bei 607 bzw. 454 Basispunkten. Wir wissen natürlich, dass die europäische Wirtschaft momentan mit Problemen zu kämpfen hat, diese werden in den Bewertungen aber bereits berücksichtigt.
  5. Niedrigere Ausfallrate: Nach statistischen Erhebungen der Bank of America Merrill Lynch zu den öffentlichen Anleihenmärkten beträgt die emittentengewichtete Ausfallrate über einen gleitenden 12-Monatszeitraum für den europäischen Markt 1,2 Prozent, während sie für die USA bei 2,1 Prozent liegt. Angesichts der momentan niedrigen Zinsen sowie aufgrund des günstigen Refinanzierungsumfelds gibt es derzeit auch kaum Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend auf absehbare Zeit umkehren wird.

Natürlich gibt es auch Aspekte, die man diesen Argumenten entgegenhalten kann. So ist beispielsweise die Gesamtrendite am europäischen Markt mit 5,1 Prozent niedriger als in den USA (6,1 Prozent). Neben der kürzeren Duration in Europa ist dies insbesondere auf die unterschiedlichen Tendenzen zurückzuführen, welche die Renditen europäischer und US-amerikanischer Staatsanleihen in den letzten Monaten vorgelegt haben. Trotzdem machen die Investmentargumente, die für den europäischen High Yield-Markt sprechen – ein niedrigeres Zinsrisiko, niedrigere durchschnittliche Kassakurse, eine höhere Bonität, höhere Zinsdifferenzen sowie eine niedrigere Ausfallrate – im Vergleich zu seinem US-Pendant nach wie vor einen attraktiveren Eindruck.

*BofA Merrill Lynch US- und Euro High Yield-Indizes; 31.12.2010 – 26.07.2013.

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James Tomlins

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