Tier 1-Kapital: Zu großes Vertrauen in Frage- und Antwortspielchen oder: Warum hat man mich nicht „abgerufen“?
Offensichtlich haben die Marktteilnehmer womöglich zu großes Vertrauen in die Europäische Bankenaufsicht (EBA) gesetzt. Denn die Antwort, mit der die EBA kürzlich auf eine ihr gestellte Frage reagierte, deutete darauf hin, dass nicht abgerufene Tier 1-Bankeninstrumente – oder zumindest solche Anlageformen, die dem vom Fragesteller beschriebenen Instrument vergleichbar sind – nicht einfach in Tier 2-Kapital „umklassifiziert“ werden können, nachdem das erste Abrufdatum verstrichen ist. Die Antwort der EBA auf diese genaue Nachfrage – die von einigen fälschlicherweise als „Vorgabe der EBA“ interpretiert worden ist – gab in der Folge Spekulationen Auftrieb, dass abrufbare Tier 1-Papiere wegen des ansonsten drohenden Verlusts der Anerkennung als Kernkapital zukünftig stets bereits zum ersten Call-Termin abgerufen werden. Daraufhin rauschte der Kurs eines 5,33-prozentigen Tier 1-Papiers der Deutschen Bank, das am 19. September 2013 abgerufen werden kann, nach oben.
Am Markt begann man nämlich darüber zu spekulieren, ob dies bei der Deutschen Bank – die übrigens in der Vergangenheit durchaus auch mal Kapitalinstrumente nicht vorzeitig abgerufen hat –zu einem Umdenken führen wird, so dass diese Bank diese Anleihe bereits zum ersten Call-Termin abruft. Wir möchten an dieser Stelle zwar nicht auf die Entscheidungen der Deutschen Bank im Besonderen eingehen, doch dieser Nicht-Abruf illustriert, weshalb wir die Auffassung vertreten, dass Anleger ein Papier nicht auf der Grundlage eigener Mutmaβungen, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Bank ihre abrufbaren Kapitalinstrumente wohl zurücknehmen wird, bewerten sollten. Dabei sollte man sich vor Augen halten, dass die Kapitalqualität nur einer der Faktoren ist, die für Banken eine Rolle spielen, wenn sie die entsprechende Aufsichtsbehörde um Erlaubnis zur Rücknahme eines Anlageinstruments ersuchen. Die Bedeutung der Anerkennung als Kernkapital – sowie der Aspekte, die bei der Klassifizierung von Bankenkapital in Kapitalstrukturstufen zugrunde gelegt werden – unterscheiden sich von Bank zu Bank jedoch deutlich voneinander. Und letztlich muss die zuständige Aufsichtsbehörde in jedem einzelnen Fall ihre Genehmigung zu einer Rücknahme erteilen.
Stehen wir derzeit also am Beginn eines neuen Trends, im Zuge dessen Banken ihre hybriden Anlageinstrumente zukünftig nicht mehr abrufen? Nun, so weit würden wir uns nicht aus dem Fenster lehnen. Denn zum einen werden viele Entscheidungen hinsichtlich des Bankenkapitals auch weiterhin auf nationalstaatlicher Ebene getroffen, auch wenn innerhalb der EU eine Bankenunion forciert wird. So muss die CRD IV, die neue Direktive zu den Kapitalanforderungen, mit der die Basel III-Richtlinie in der EU umgesetzt wird, immer noch zuerst einmal von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten verabschiedet werden. Deshalb ist es durchaus möglich, dass die Aufsichtsbehörden einiger Länder es den entsprechenden Banken gestatten, ihre hybriden Tier 1-Papiere ungeachtet gegebenenfalls versäumter Call-Termine noch bis Ende 2013 dem Tier 1-Kapital zuzurechnen. Aus diesem Grund könnte es 2014 dann vermehrt zu Rücknahmen kommen. Oder aber auch nicht. Denn da die Banken aufgrund der neuen Regulierung zukünftig Verbindlichkeiten in gewisser Höhe vorhalten müssen, die im Zweifelsfall abgeschrieben oder in Aktienkapital umgewandelt werden können, könnten sich diese Anleihen zum Schutz vorrangiger Finanzierungen als nützlicher Puffer erweisen.
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