Um einen Elvis Presley-Song zu zitieren: „A little less conversation and a little more action“ – sobald die BoE spricht, tendieren britische Staatsanleihen unterdurchschnittlich, während das Pfund gleichzeitig zulegt
„Seitdem wir unsere Zukunftsprognose abgegeben haben, ist am Markt viel über einen Aufwärtstrend der Zinsen diskutiert worden. Deshalb möchte ich Ihnen nun meine Einschätzung darlegen. In den etablierten Volkswirtschaften einschließlich Großbritannien kam es im letzten Monat mit einem allgemeinen Anstieg der langfristigen Anleihenrenditen. Ausgelöst worden ist diese Entwicklung in erster Linie durch die Spekulation darüber, dass die US-Notenbank ihre Wertpapierkäufe demnächst reduzieren wird. (Außerdem) … beeinflussen sich die liquiden Staatsanleihenmärkte der weltweit größten Volkswirtschaften in hohem Maße gegenseitig.“
Bank of England Governor Mark Carney in the „Jake Bugg“ Mark Carney, Chef der Bank of England, im Rahmen seiner „Jake Bugg“-Rede, die er am 28. August in Nottingham hielt.
Mit anderen Worten sind britische Staatsanleihen (Gilts) Mark Carney zufolge zuletzt also nur deshalb abverkauft worden, weil auch US-Staatsanleihen von einer Verkaufswelle erfasst worden sind. Ich persönlich teile diese Auffassung allerdings nicht, sondern vertrete vielmehr die Einschätzung, dass die Bank of England dafür auch in gewissem Grad selbst mit verantwortlich ist. Schauen wir uns doch einmal an, was bei den vier Gelegenheiten passiert ist, bei denen Carney schriftlich oder mündlich eine Zukunftsprognose abgegeben hat (der Inflationsbericht für den August, seine Rede in Nottingham, die Sitzung des Geldmarktpolitischen Ausschusses der BoE sowie das Treffen des Treasury Select Committee). In jedem dieser Fälle kam es anschließend zu einem deutlichen Anstieg des britischen Pfund, während sich Gilts parallel dazu unterdurchschnittlich entwickelt haben.
Unter dem Strich hat die Abgabe von Zukunftseinschätzungen bisher also zu einer Verschärfung der britischen Geldmarktpolitik geführt – erst vergangene Woche erklärte Notenbankchef Carney, dass die Geldmarktpolitik infolge dieser Prognosen mittlerweile „effektiver“ geworden sei. Das mag ja vielleicht zutreffen, aber nur, wenn man zuvor davon ausgegangen ist, dass wirklich eine Überhitzung der britischen Wirtschaft droht. Und diese Meinung scheint weder Carney noch ein anderes Mitglied des MPC zu vertreten.
7. August: Veröffentlichung des Inflationsberichts
Der Inflationsbericht für den August umfasste auch die Zukunftsprognose, die der Finanzminister im Rahmen seines Haushaltsentwurfs in Auftrag gegeben hat. Demnach werden die Zinsen nicht über 0,5 Prozent hinaus ansteigen, solange die Arbeitslosenquote bei über 7 Prozent liegt. Gleichzeitig werden auch die Wertpapierkäufe der Notenbank unvermindert fortgesetzt. Allerdings enthielt diese Prognose auch die drei Ausnahmen: So kann man die Zukunftseinschätzung der Notenbank getrost ad acta legen, falls die Inflation auf 2,5 Prozent klettern sollte. Gleiches gilt auch, falls die Inflationserwartungen des Marktes bzw. der Verbraucher deutlich ansteigen oder die niedrigen Zinsen die finanzielle Stabilität Großbritanniens gefährden sollten. Deshalb konzentrierte sich der Markt zuletzt eher auf diese Ausschlusskriterien als auf den Faktor Arbeitslosenquote. In der Folge wertete das Pfund kräftig auf, während britische Staatsanleihen hinter US-Staatspapieren und deutschen Bundesanleihen zurückblieben.
28. August: die Rede in Nottingham
In dieser Rede kam keines dieser berühmten Ausschlusskriterien zu Sprache. Stattdessen bemühte sich Carney um einen recht lockeren Ton. Allerdings wiederholte sich die jüngste Entwicklung sowohl am Devisenmarkt (in Form einer Rallye) als auch bei britischen Staatsanleihen (die unterdurchschnittlich tendierten). Diese Trends beschleunigten sich dann noch, als der Geldmarktpolitische Ausschuss der Bank of England am 5. September mitteilte, dass man weder an der Zinspolitik noch an den quantitativen Lockerungsmaßnahmen rühren wolle, ohne gleichzeitig seine jüngste Zukunftsprognose noch einmal zu unterstreichen.
12. September: Der Notenbankchef und die Mitglieder des MPC treten vor dem Treasury Select Committee auf
Auch diesmal reagierten das britische Pfund sowie – in geringerem Maße – auch die Zinsdifferenzen britischer Staatsanleihen, wenn auch nicht so heftig wie bei anderen Gelegenheiten zuvor. Allerdings waren diese Tendenzen von nicht besonders langer Dauer.
Aus diesen Gründen teile ich die Auffassung von Mark Carney nicht, wonach die Strategie der Abgabe einer Zukunftsprognose nur wegen der ungünstigen Entwicklungen an den lästigen internationalen Anleihenmärkten nicht funktioniert hat. Schließlich haben sich britische Staatsanleihen zuletzt schlechter entwickelt als deutsche Bundesanleihen und auch als US-Staatsanleihen. Gleichzeitig spricht der Aufwärtstrend des Pfund dafür, dass die Märkte die zentrale Einschätzung von Carney, wonach auch in den nächsten drei Jahren nicht mit Zinsanhebungen zu rechnen ist, für falsch halten. In seiner Rede in Nottingham deutete Carney aber auch an, dass es eine andere Erklärung für die steigenden Renditen von Gilts geben könnte: „Die Märkte erwarten einen wesentlich schnelleren Rückgang der Arbeitslosenquote auf unter 7 Prozent als die Notenbank … die eine solche Entwicklung natürlich begrüßen würde.“ Das wiederum kann ich mir gut vorstellen. Schauen wir uns einmal die Indizes zu den Konjunktur-Überraschungen an. Dabei wird deutlich, dass die britischen Wirtschaftsdaten ungefähr seit der Veröffentlichung des Inflationsberichts für den August nicht nur allmählich wieder für erfreuliche Überraschungen sorgen, sondern gleichzeitig auch noch besser ausfallen als die (ebenfalls unerwartet guten) Zahlen aus der Eurozone und aus den USA. Es ist also die Kombination aus einer mangelnden Klarheit hinsichtlich der Ausschlusskriterien (die sich im Zusammenhang mit der Sitzung des TSC in der letzten Woche noch zusätzlich eingetrübt hat – ich empfehle Ihnen übrigens, sich dieses Schauspiel einmal live anzuschauen, sofern Sie die Gelegenheit dazu haben) sowie der Auffassung, dass die Notenbank die weitere Entwicklung der Arbeitslosenquote zu pessimistisch beurteilt. Natürlich spielt auch der Anstieg der internationalen Anleihenrenditen dabei eine wichtige Rolle, ist aber nicht der alleinige Auslöser dafür.
Deshalb deutet der Umstand, dass die jüngsten Rallyes des Pfund sowie die unterdurchschnittliche Entwicklung britischer Staatsanleihen in etwa zu den gleichen Zeitpunkten eingesetzt haben, darauf hin, dass bei den Kommentaren der Notenbank TATSÄCHLICH etwas schief läuft, und das Kreuzverhör vor dem TSC war auch nicht gut. Falls ich in der Lage der Notenbanker wäre, würde ich nicht versuchen, die Trends, die wir bereits identifiziert haben, durch eine offene Kommunikationsstrategie umzukehren. Schließlich könnte dies zu einem noch größeren Verlust der Glaubwürdigkeit führen, falls die Märkte darauf dann nicht positiv reagieren sollten. Wirklich etwas zu tun, ist natürlich etwas ganz anderes. Das könnte an den britischen Staatsanleihen- und Devisenmärkten eine ausgeprägte Trendwende zur Folge haben. Da sich die britischen Wirtschaftsdaten inzwischen aber wieder verbessern und für erfreuliche Überraschungen sorgen, bezweifle ich, dass es zu einer solchen Aktivität kommen wird. Zweifellos gilt aber: Weniger reden und stattdessen mehr tun. Oder um den Elvis Presley-Song noch einmal zu zitieren: „little less conversation and a little more action“.
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