Japan erhöht im April die Umsatzsteuer – Anstieg oder Einbruch der Einzelhandelsumsätze?
Im nächsten Monat wird Japan seine Umsatzsteuer von 5% auf 8% erhöhen, um die Schuldenlast des Landes, die mehr als 200% des BIP beträgt, zu senken und bis 2020 einen Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften. Unter Umständen ist dies aber nur die erste von zwei Umsatzsteuererhöhungen, eine weitere Anhebung auf 10% ist bereits für Oktober 2015 geplant. Premierminister Abe macht die zweite Erhöhung von einer Konjunkturerholung abhängig, denn er geht Recht in der Annahme, dass nur ein deutlicher Anstieg des japanischen Wirtschaftswachstums wirklich wesentliche Auswirkungen auf die Schuldenlast des Landes haben wird. Er erklärte, dass die Daten zwischen Juli und September 2014 zeigen werden, ob eine zweite Umsatzsteuererhöhung kommt oder nicht.
Wir haben uns bereits früher die Auswirkungen angekündigter Umsatzsteuererhöhungen angesehen und damals habe ich mich gefragt, ob die Erhöhungen in Großbritannien von 15% auf 17,5% (von Anfang 2010), und dann erneut von 17,5% auf 20% (von Anfang 2011) Auswirkungen auf die Einzelhandelsumsätze haben würden. Betrachtet man die Umsatzsteuererhöhungen in Japan 1997 und in Australien aus dem Jahr 2000, so fällt auf, dass die Einzelhandelsumsätze in dem Monat vor der Steuererhöhung massiv angestiegen (jeweils +12% gegenüber dem Vorjahr), dann aber mit den höheren Preisen wieder auf nahezu Null oder sogar darunter gesunken sind. Rational agierende Verbraucher haben ihre Ausgaben also auf die Phase vor den angekündigten Preiserhöhungen vorgezogen.
Ich hatte zwar seinerzeit angenommen, dass Ähnliches auch in Großbritannien geschehen würde, aber die Daten gaben kaum Hinweise darauf – nach der Umsatzsteuererhöhung 2010 waren die Umsätze negativ, aber in keinem der beiden Fälle wurden Ausgaben rational motiviert vorgezogen, wie dies in Japan und Australien der Fall war. Vielleicht bestand wegen des 2010 und 2011 extrem schwachen BIP-Wachstums (von durchschnittlich unter 1,5% und zeitweilig sogar lediglich 0,5% gegenüber dem Vorjahr) und aufgrund des berüchtigten Rückgangs der britischen Realeinkommen (weil die Inflation stärker stieg als die Löhne) einfach gar keine Möglichkeit, die Verbraucherausgaben vorzuverlegen. Oder vielleicht agieren wir auch nicht so rational wie die Japaner und die Australier.
Die Auswirkungen in Japan im Jahr 2014 sind also nicht eindeutig vorherzusagen. Allerdings war ich überrascht, dass die japanischen Einzelhandelsumsätze bereits jetzt sehr viel stärker steigen als in jedem der historischen Beispiele zum gleichen Zeitpunkt vor einer Erhöhung der Umsatzsteuer. Gegenüber dem Vorjahr haben sie um 4,4% zugelegt. Besonders betraf dies Autos und Maschinen – jene großen Anschaffungen, deren Erwerb vor einer Preiserhöhung auch eindeutig am meisten Sinn macht. Manche Volkswirte erklären dies zwar mit einem zeitlichen Vorziehen von Käufen, aber andere Erklärungen sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden. Die heute veröffentlichten japanischen Einkommensdaten belegen nämlich auch den ersten Anstieg der Grundgehälter seit fast zwei Jahren. Vielleicht also haben die jüngste Aufhellung einiger Konjunkturdaten sowie die psychologischen Auswirkungen der Abenomics wirklich eine echte Verbesserung des Verbrauchervertrauens zur Folge. Allerdings wachsen die Gehälter jährlich um lediglich 0,1%, und einschließlich Bonuszahlungen und Überstunden ist die Entwicklung letztlich negativ. Auch die gerade beendete Deflationsphase drückt auf die realen Einkommen. Die japanische Wirtschaft und die japanischen Verbraucher bleiben alles in allem instabil – Abe kann nur hoffen, dass sich die Ereignisse des Jahres 1997 nicht am Ende doch noch wiederholen.
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